Grünten via Burgberger Hörnle

Der Hausberg von Sonthofen im Allgäu bietet eine gelungene Abwechslung aus Einsamkeit, Einkehrmöglichkeiten, Kaxelei und meditative Wege. An Aussichten ist alles dabei, was das Herz begehrt: Tiefblicke, raue Felswände, Panoramen und mystische Waldstücke. Stellenweise ist die Tour steil und nur für Geübte oder zumindest ambitionierte Wanderer geeignet. Doch gerade diese kleinen Passagen bieten etwas Abenteuer und sind auf jeden Fall eine Tour wert.

Tourdaten

Route (↑↓858 hm, 9.8 km, 4.5 h):
Parkplatz nähe Weiheralpe (920 m) – Burgberger Hörnle (1496 m) – Grünten (1738 m) – Jägerdenkmal – Roßbergalpe (1372 m) – Kehralpe – Parkplatz

Alternative Route (↑↓846 hm, 9.35 km):
Von der Weiheralpe direkt zum Grüntenhaus ohne Burgberger Hörnle(T3).

Datum
14. Nov. 2015

Charakter
T4 – konditionell durchschnittliche Tour, die auf den ersten 2 km nur von Geübten begangen werden sollte und aufgrund der Steilheit anstrengend ist. Ein kurzer Stahlseil-versicherter Abschnitt sollte mit Klettersteigset begangen werden, ist aber für sehr trittsichere Geübte problemlos ohne begehbar. Anschließend folgt entspanntes Bergwandern auf breiten und schmalen belebten Pfaden im Bereich T2 bis T3.

Tourenbeschreibung

Der Drang nach Bewegung, frischer Luft und primitiven Unterwegssein zog mich trotz durchwachsenen Wetteraussichten in die Berge. Um die Anreise kurz zu halten, aber dennoch eine abwechslungsreiche Tour zu gehen, wurde der Grünten auserkorene. Der Hausberg von Sonthofen ist am Wochenende eigentlich sehr belebt. Um dem etwas zu entgehen, wählte ich den Aufstieg seitens Burgberg mit einem Abstecher auf das Burgberger Hörnle.

 

 

Vom Parkplatz an der Weiheralpe führt der Weg geradlinig auf den Wald zu. Die fehlende Strecke zum Warmlaufen macht sich schnell bemerkbar. Schon am Waldrand brauchte ich eine kurze Verschnaufpause. Ich folgte dem immer noch gerade bergwärts verlaufenden Weg. Auf dem ersten Stück kreuzt häufig eine Forststraße. Leider endete irgendwann der schmale Pfad und ich schlenderte etwas enttäuscht auf dem steilen geteerten und mit Kies bestreuten Weg empor. Nach kurzer Zeit wurde es flacher und es folgte eine 180° Kurve. Direkt in der Kurve plätschert etwas verbaut ein Gebirgsbach gen Tal. Die Atmosphäre wird zusätzlich durch ein großes Hinweisschild zerstört. Links neben dem Bach beginnt rechts der Winterweg. Da ich mir nicht sicher war, ob ich diesen auch gehen kann, folgte ich weiter der Straße. Nach der nächsten Kurve wurde die Entscheidung belohnt. Zur Rechten erblickte ich ein Schild zum „Burgberger Hörnle – Nur für Geübte“. Der Anblick lässt zugleich mein Herz etwas höher schlagen. „Nur für Geübte“ bedeutet meist etwas anspruchsvollere Wege, die aufgrund dessen weniger frequentiert sind und häufig Kraxestellen bereithalten. Der Web begann mit einer kurzen Hangquerung über Geröll, bevor es wieder in den Wald geht.

 

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Das Gelände wurde zunehmend steiler. Die Erde schien nun mehr und mehr von Wurzeln durchzogen, die durch die Elemente und natürlich die wanderfreudigen Menschen freigelegt wurden. Es war ein Wechsel zwischen dem Erklimmen kurzer verwurzelter, steiler Passagen und einem Laufen parallel zum Hang. Schnell legte ich einige Höhenmeter zurück und die lichten Stellen gaben den Blick frei auf das Tal. Die Sonne wärmte mich mittlerweile fast Zuviel. Nach einer Weile wurde das Wurzelgeflecht wenige rund wich dem blanken Fels. Bis hierher wäre die Tour bei Nässe sicher eine gnadenlose Schlammschlacht und deshalb riskante Rutschpartie gewesen. Der Fels vermittelte nun aber ein Gefühl von Griffigkeit und pflasterte unverwüstlich den Weg. An ein paar Stellen ist an gezwungen die Hände zur Hilfe zu nehmen um die schon mal drei Meter hohen Kraxelstellen zu erklimmen. Schwer oder ausgesetzt wurde es nirgends. Somit ist dies eine gute Einsteigertour für den ambitionierten Wanderer, der bereits etwas trittsicher ist und von den normalen Wanderwegen Abwechslung sucht.

 

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Erstaunlich schnell fand ich mich auf dem Burgberger Hörnle wieder. An diesem Tag war es ein menschenfeindlicher Ort. Der Wind hatte stark aufgefrischt und Wolkenfetzen zogen in enormem Tempo vorbei. Es wurde kalt, doch die kurzen Lichtblicke in Tal und auf die umliegende Landschaft überzeugten mich zur Rast. Selbstgebackenes Brot, ein Block Käse, hartgekochte Eier, ein paar Salatblätter und gekühltes Wasser schmecken in den Bergen auf jeder Tour wie ein fünf Sterne Menü. Es zog immer mehr zu und ich entschloss mich die Pause etwas zu verkürzen. Auch war ich neugierig auf die kurze Klettersteigpassage, von der ich zuvor gelesen hatte.

 

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Et voilà. ich stand unmittelbar davor. fast direkt am Gipfel beginnt das Stahlseil. Es sah relativ neu und sicher aus. Unerfahrene, nicht trittsichere und Kinder sollten hier ein Klettersteigset anlegen. Es geht ein paar Meter abwärts und knapp unterhalb der Kante entlang wieder hoch. Immer zur Linken die fast wie ein Geländer anmutende Seilversicherung. Zur Rechten eröffnet sich kurz ein toller Tiefblick.

 

 

Dann ist das Abenteuer auch fast schon wieder vorbei. Ein kurzes Stückchen weiter verläuft der Weg direkt auf dem vom Wald freigegebenen grasbewachsenen Bergrücken. Nebel verlieh der Szenerie einen Hach Mystik und erinnerte etwas an Schweden. Der Weg verlief nun auf immer gleicher Höhe bleibend am Hang entlang. Zeit durchzuatmen und die Seele baumeln zu lassen.

 

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Ab und an hörte ich Stimmen aus dem Nebel. Und ich stieß, wie vermutet, schnell auf die Alpe, an der sich ein erheitertes Pärchen aus dem Osten Deutschlands abmarschbereit machte. Ich finde den Dialekt so putzig. Zitat sie „Der Nebel wird jö gar nüscht weniger.“ Darauf er „Mäuschen, das sind Wölken und aufm Gibbel scheint sischör die Sönne.“ Traf ich bis hierher nur drei Leute, so waren es nun alle fünf Minuten poppig angezogenen Wandergruppen.

 

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Weiter ging es über teils erdigen und teils steinigen Weg, der immer wieder mit Holzplanken zu Treppen geformt war. Nach kurzer Zeit erreichte ich auch schon den Sendemast des Bayrischen Rundfunks. Er tauchte aus dem Nebel plötzlich vor mir auf. Ein richtig stabiles Teil, welches auf einer für Privatleute unzugänglichen Hütte gebaut wurde, erreichbar über eine ebenfalls nicht öffentliche Seilbahn. Der Weg führt links vorbei weiter zum Jägerdenkmal. Das Jägerdenkmal ist einen Plattform mit einer Art Kegelaufbau. Links an der Treppe, die hinauf zu dem bestimmt vier Meter hohen Kegel führt sind Steine aus den Gebieten eingearbeitet, in denen Kammeraden der Gebirgsjäger gefallen waren, darunter Finnland, Kaukasus, Russland usw. Auf der Rückseite des Kegels kann das Denkmal mit einem Schlüssel betreten werden. Dort sind immer Kerzen sowie frische Sträuße und Kränze zubinden. Beeindruckend und bizarr solch ein Gebilde auf dem Grünten.

 

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Nachdem nun auch die Sonne wieder durch die Wolkendecke lugte, verschwand der Nebel etwas. Der beißende Wind ließ ebenfalls etwas nach. Weiter ging es über ein paar vollkommen unschwierige Felsstufen, die durch Ketten versichert sind. Meiner Meinung nach sind diese Ketten nur dort, dass der Touriansturm, nicht zu sehr aus seiner Komfortzone herauskommen muss, um einmal auf dem Grünten zu stehen. Ich erfreute mich aber einfach an dem Anblick von Fels.

 

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Nun beginnt auch der Abstieg. Er verläuft direkt unter einem Schlepplift auf feinem Kies. Aufgrund des losen Gesteins ist hier etwas Vorsicht geboten. Der Pilgerstrom nimmt zu. Gruppen von zehn Leuten und mehr steigen mir entgegen. Schließlich biegt der Weg rechts ab zur Roßbergalpe. nach etwas Matsch folgt schnell ein schmaler Pfad, der nochmal tolle Panoramen bereithält. Er verlief fast parallel zum Weg, den ich gekommen war, nur vielleicht 200 Höhenmeter niedriger. Die Sonne hat sich weiter durchgesetzt, sodass die umliegenden Berge sichtbar werden. Ein toller Anblick.

 

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Ich dachte kurz, dass es besser gewesen wäre, wenn ich später gestartet wäre und die ganze Tour bei klarem Himmel und Sonnenschein genossen hätte. Da hätte jedoch die Gefahr bestanden, dass ich den Rückweg im Dunkeln hätte antreten müssen, sodass ich die tolle Aussicht verpasst hätte. Nach einer Weile findet man sich auf einer Forststraße wieder, der man entweder folgen kann, oder aber den parallel verlaufenden Weg 50 Meter weiter unten. Nach einer Zeit wird es nochmal etwas steiler und man trifft erneut auf eine geteerte Forststraße. Dieser folgte ich, bis sie schließlich auf eine richtige Straße trifft.

 

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Die Sonne im Gesicht, genoss ich das letzte Stück des Rückwegs, obwohl hier jede Menge los war. Einige Arbeiter verarbeiteten große Baumstammstücke zu handlichem Brennholz und stapelten es direkt an der Straße. Es roch nach frischem Holz. Liebhaber von frischem Käse, frischer Butter und frischer Milch sollten auf die kleinen Hinweisschilder an der linken Seite der Straße achten. Mindestens zwei Einkehrmöglichkeiten bieten auch Produkte zum Mitnehmen an. Mir fiel auf, dass es zwei Parkplätze gibt, die jedoch beide kostenpflichtig sind. Beide waren auf meiner Karte eingezeichnet. Fährt man jedoch an der Weiheralpe vorbei, folgen mehrere ausgeschilderte Parkmöglichkeiten, die kostenfrei sind, bevor ein großer kostenpflichtiger Parkplatz folgt.

 

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Es war wieder einmal eine tolle Tour, die schnell erreichbar ist. Der erste Abschnitt ist spannend und bietet ein wenig Einsamkeit und Kraxelvergnügen. Wer das große Abenteuer sucht, sollte sich eher bspw. die Tour auf die Garnter Wand anschauen. Für eine (halb) Tagestour oder zum Training ist sie aber sehr gut geeignet und bietet viel Abwechslung.